„Von Herzen und mit viel Spaß“
Herr Schmalzried, was ist der Edelfundus und welche Ziele verfolgen Sie?
Elisabeth Gellrich, die zweite Vorsitzende hatte 2018 die Idee und gründete den Edelfundus e.V., weil die Krebsberatungsstelle des Tumor-Netzwerks im Münsterland e.V. Unterstützung brauchte. So entstand um Elisabeth Gellrich und ihren Bruder Fritz Liefländer eine Gruppe von Ehrenamtlichen, die hochwertige Waren aus zweiter Hand zum Verkauf anbietet und den Erlös an die Krebsberatung spendet: der Edelfundus e.V. Jeden Monat in der ersten vollen Woche – immer Donnerstag, Freitag und Samstag – finden hier auf dem Hof Averkamp in Mecklenbeck die Markttage statt. Und die Münsteranerinnen und Münsteraner nehmen diesen Markt gerne an und unterstützen den Edelfundus mit vielen, hochwertigen Sachspenden.
Wie man sieht... Und die Produkte, die Sie hier anbieten – von Schmuck über Markenkleidung bis hin zu Büchern – sind wirklich alle gespendet worden?
Ab und an und auf Nachfrage unterstützen wir auch bei Haushaltsauflösungen, aber 95 Prozent erhalten wir tatsächlich durch Spenden. Und wir sind sehr dankbar, dass die Spenderinnen und Spender damit die Arbeit der Krebsberatung unterstützen. Vor Krebs sind wir ja alle nicht geschützt.
Wie sind Sie persönlich dazu gekommen, sich im Edelfundus zu engagieren?
Ich hatte in Münster 45 Jahre ein Fotogeschäft auf der Bahnhofstraße, Doppheide & Kollow. Damals habe ich gesagt: „Nie wieder Chef“. Vor drei Jahren waren meine Frau und ich hier, ich lernte Frau Gellrich kennen und fragte sie, ob ich mitarbeiten kann. Und sie sagte: „Natürlich, gerne! Dann bekommst du hier deine eigene Abteilung ‚Fotos/Antiquitäten/Bücher‘ und was du sonst magst, und darum kannst du dich dann hier kümmern.“
Und dann sind Sie als Vorsitzender des Vereins doch wieder Chef geworden ...
(lacht): Tja, das Chef sein im Edelfundus unterscheidet sich gravierend von der freien Wirtschaft. Hier haben wir einen aktiven Vorstand mit den gleichen Zielen – zusammen mit Elisabeth Gellrich als meine, ja man kann sagen in Freundschaft verbundene Partnerin. Wir beide haben den gleichen Spirit und sind wir ein unschlagbares Team. Ich habe in meinem Leben viel Gutes erfahren und wollte etwas an andere Menschen zurückgeben, Spaß haben und ein bisschen was arbeiten. Und jetzt sind wir hier quasi ein kleines mittelständisches Unternehmen geworden. Wir haben vergangenes Jahr 140.000 Euro gespendet. Man kann sich vorstellen, wie viel Umsatz man erwirtschaften muss, damit nach Abzug der Kosten, von Steuern usw. so viel übrig ist. Übrigens zahlen wir nach Abzug des Freibetrags, der uns als eingetragener Verein zusteht, Steuern wie jedes normale Unternehmen auch. Wir haben drei 520-Euro-Kräfte, die wir fest eingestellt haben, und teilweise bekommen wir Unterstützung vom Jobcenter. Aber sonst wird hier alles ehrenamtlich, von Herzen und mit viel Spaß gemacht. Und die Menschen honorieren das, nicht nur aus Münster und Umgebung. Vorgestern erst waren Stammkunden aus Kiel, Frankfurt und aus Holland da. Das spricht sich immer mehr herum.
Der Andrang ist wirklich beeindruckend, aber genauso das Herzblut der Ehrenamtlichen. Wie viele Menschen engagieren sich für den Edelfundus?
Wir haben knapp 45 Mitglieder im Verein und rund 20 Mitglieder davon stellen den gesamten Markt auf die Beine und sind für die einzelnen Abteilungen zuständig. Ja, das mit dem Herzblut stimmt, das hören wir von unseren Kundinnen und Kunden immer wieder. Wir sind fast alle zwischen 65 und 80 Jahre alt – also alles Leute, die in ihrem Arbeitsleben schon viel gegeben haben und die sich jetzt einfach weiter engagieren, weil sie es gut finden und weil sie sich hier wohlfühlen. Auch das soziale Miteinander ist für uns sehr wichtig. Wir mögen uns!
Eines möchte ich noch hinzufügen, wir suchen für unser Team immer sehr gerne Mitwirkende die etwas Zeit für eine sinngebende, ehrenamtliche Tätigkeit investieren möchten.
Wie gestalten Sie die Preise?
Unsere Mitarbeitenden kennen sich weitgehend aus, was die Sachen wert sind, gleichzeitig ist für uns die Preisfindung nicht immer ganz einfach. Einerseits ist es uns wichtig, dass der Wert der Dinge auch geschätzt wird und wir viele Spenden einnehmen, andererseits soll die Preisgestaltung auch für unsere Kundschaft attraktiv sein und damit im unteren Preissegment liegen. Bei außergewöhnlichen Waren recherchieren wir im Internet. Wenn wir den Preis selbst nicht einschätzen können, fragen wir einen Spezialisten.
Und was ist mit speziellen Produkten wie etwa Antiquitäten?
Wenn wir zum Beispiel eine alte Silberschale oder etwas anderes Antikes geschenkt bekommen, unterstützt uns der Kunsthistoriker Christian Vechtel aus Münster, den Sie vielleicht aus der ZDF-Sendung „Bares für Rares“ kennen. Er hilft uns aber nicht nur mit seiner Expertise. Herr Vechtel hat in Münster mit seinem Partner ein Auktionshaus „Zeitgenossen“ und gibt nach Absprache mit seinen Kunden auch Waren an uns weiter, die bei seinen Auktionen nicht ersteigert werden.
Und was passiert mit den Artikeln, die auch Sie nicht verkaufen können?
Nach dem Markt wird das, was noch in den Hallen ist und nicht verkauft wurde, ausgeräumt und die Hallen werden für den nächsten Markt neu aufgebaut. Die Kundinnen und Kunden erwarten immer neue Schätze, nach denen sie stöbern können. Das unterscheidet uns ja eben auch von den Trödelmärkten in der Trödel-Szene. Die ausgeräumten Sachen landen aber nicht im Abfall. Ein Händler aus Lettland kauft sie – wir verpacken immer alles in Bananenkisten – und er bietet sie auf seinem Trödelmarkt in Lettland an.
Mit ihrem Angebot leisten Sie neben dem gemeinnützigen sozialen Zweck einen sehr wichtigen Beitrag für Abfallvermeidung. Welche Abfälle fallen denn hier überhaupt noch an?
Tatsächlich so gut wie keine. Ich nehme mal das Beispiel Kleidung: Wir bekommen sehr viele Kleidungsstücke und darunter auch vieles, das nicht zum Edelfundus passt, weil es eben keine hochwertigen und sauberen Textilien sind. Diese Sachen sind aber natürlich kein Abfall, sondern werden an wohltätige Organisationen weitergegeben. Wir bekommen dafür ein wenig Geld und die Kleidungsstücke werden weiter verwertet. Bei den Büchern ist es genau dasselbe: Bücher, die nicht zum Konzept Edelfundus passen, weil sie zum Beispiel sehr abgegriffen sind, gehen in die Papierverwertung. Dafür liefern uns die awm die Container und sorgen dafür, dass der Rohstoff Papier in den Stoffkreislauf zurückgeht. Auch andere Wertstoffe, die seltener anfallen, sammeln wir getrennt. Vieles – zum Beispiel Luftpolsterfolie – verwenden wir immer wieder oder geben es zur Verwendung weiter.
Was ist mit Kunststoffabfällen?
Die gibt es auch, und natürlich werden auch die im Container sortenrein gesammelt. Einer unserer Kollegen kontrolliert sogar regelmäßig unsere Abfallcontainer und sortiert, wenn nötig, nach. Und wenn die Container gefüllt sind, rufen wir bei den awm an, dann werden die Behälter gegen leere Container ausgetauscht. Auch Sperrgut bestellen wir – bei Bedarf – immer auf Abruf bei den awm.
Mehr Informationen zum Edelfundus e.V. finden Sie unter: www.edelfundus.de